Leicht ist in diesem Zusammenhang
                  zu zeigen, warum ranghohe Kunst in der Moderne so oft sich
                    in einer Ästhetik  der
                  Sprödigkeit, der Verweigerung und der Negativität bewegt.
                  Denn große Kunst in einem Zeitalter der Verwüstungen
                  kann nicht zugleich an sich selbst glauben und an der Beifall einer
                  Menge, die als Agentin der Verwüstungen auffällt. Sie
                  kann nicht Einverständnis suchen mit Menschen, die einverstanden
                  sind mit dem Inbegriff der Greuel, die eine moderne Alltäglichkeit
                  ausmachen. In solcher Unversöhnlichkeit bedeutender moderner
                  Kunst revoltiert die utopische Anthropologie der Künstler
                  gegen die realistische Anthropologie der positiven soziologen mit
                  ihren zynischen Kompensationslehren. [...] Darum ist ein Großteil
                  der bedeutenden modernen Kunst zu recht eine Kunst des unglücklichen
                  Bewußtseins; aber die Kunst der Negativität ist eine,
                  die ihrem Wesen nach enden will; sie muß den Willen haben,
                  sich zuletzt selbst zu negieren und überflüssig zu machen;
                  denn alles, was nur Antwort ist auf Schmerz und Verfehlung, steht
                  unter der sehr korrekten mephistophelischen Devise, daß es
                  besser wär', wenn nichts entstünde. 
                Peter Sloterdijk: "Taugenichts
                  kehrt heim oder das Ende eines Alibis. Auch eine Theorie vom Ende
                  der Kunst." In: Heinz Friedrich (ed.): Ende der Kunst — Zukunft
                  der Kunst.  München: Deutscher Kunstverlag, 1985,
                  pp. 108-136. [pp. 118/119]